3/3 Kinderlyrik | –> Edward van de Vendel

Das aktuelle Skriptum hat mich sehr inspiriert. Die Gedanken zum Stellenwert von Kinder- und Jugendlyrik und besonders die Anhänge zum Skriptum über das Schreiben, Illustrieren, Verlegen und Rezensieren von Lyrik waren sehr interessant und auch bestärkend. Die Verfasser*innen der Beiträge vermitteln mit ihren Texten die Begeisterung und Liebe für das Thema, die ich auch sehr gut kenne. Gerade weil es (Kinder-)Lyrik am Buchmarkt nicht immer ganz einfach hat, bin ich unheimlich dankbar dafür, dass es Menschen gibt, die sich dafür einsetzen und wundervolle Publikationen ermöglichen. Eine davon ist die Reihe „Gedichte für neugierige Kinder“, in der im Boje Verlag einige feine Bände erschienen sind, darunter Edward van de Vendels „Superguppy“ mit Illustrationen von Fleur van der Weel. Seine Gedichte gehören zu meinen Lieblingskindergedichten, eines davon werde ich im Folgenden ein bisschen genauer anschauen:

Aus: „Lieb sein, Superguppy!“ von Edward van de Vendel, illustriert von Fleur van der Weel

Wenn ich Gedichte lese, habe ich meistens das Bedürfnis, sie laut vorzulesen, weil sie sich dadurch erst richtig entfalten können. Eine besonders schöne Erfahrung hatte ich mit Superguppy, als ich sie mir selbst vorzulesen begann. Nach kurzer Zeit kam mein Sohn dazu, um gebannt zuzuhören. Gemeinsam sind wir in die verdichteten Wortwelten eingetaucht.

Ich habe in den beiden Supperguppy-Bänden viele Freund*innen gefunden, aber „Yes“ ist wohl dasjenige, das ich am öftesten mit anderen geteilt habe. Deswegen ist es mir auch für diese Aufgabe gleich eingefallen. Wie sich während der Bearbeitung herausgestellt hat, tu ich mir viel leichter, für das Gedicht zu schwärmen und es anderen vorzulesen, als eigene Worte dafür zu finden. Nichtsdestotrotz habe ich es versucht:

Ich schätze den zarten Humor in den Superguppy Gedichten, der auch hier gut zur Geltung kommt. Das Gedicht beschreibt eine alltägliche Szene aus der kindlichen Erlebniswelt. Dabei bekommen die Protagonist*innen den Platz, der ihnen zusteht ohne einen belehrenden Eingriff einer*eines Erwachsenen. Da gibt es den tollen großen Bruder, der seiner Schwester, nicht ohne Hintergedanken ein neues Wort auf Englisch beibringen möchte. Den Unterricht verpackt er in Selbstlob, das die Schwester am besten so weitergeben soll. Doch Schwesterchen durchschaut ihren Bruder und rebelliert leise.
Leise sind viele der Gedichte. Leise im Sinne von unaufgeregt, zurückhaltend und gleichzeitig groß. Es wird in klarer Form, mit einfachen Worten so viel an Lebensweisheit, Tiefe und Humor vermittelt, wie ich es sonst kaum kenne. Meiner Erfahrung nach nutzen viele Verfasser*innen von Kindergedichten besonders den Reim und damit verbunden das Sprachspiel sowie Humor, der gerade auch dadurch entstehen kann, um die Gedichte greifbar zu machen. Das ist schön und macht Spaß. Edward van de Vendel zeigt, wie Gedichte auch ohne (durchgängige) Reime Spaß machen können. Er setzt sie punktuell ein, um sie dann wieder zu unterbrechen und dabei nicht in einen Reimzwang zu verfallen. Gerade bei übersetzten Gedichten kann der gewollte Reim zu eher holprigen Ergebnissen führen oder er wird stattdessen aufgegeben. Ich kenne das niederländische Original nicht, die Übersetzung ins Deutsche ist Rolf Erdorf jedenfalls ausgezeichnet gelungen.

Mir wurden die Superguppy Gedichte von einer Freundin empfohlen und anfangs bin ich ihnen skeptisch begegnet. Die Illustrationen und auch der Name „Superguppy“ haben mich überhaupt nicht angesprochen. Nachdem ich sie kennengelernt habe, kann ich dieses Gefühl nicht mehr nachvollziehen. Die Illustrationen nehmen in ihrer markanten Art viel Raum ein. Das lyrische Ich ist hier ein Hund in Schwarz-Weiß, der von einer Farbe begleitet wird. Mit sehr reduzierten Mitteln vermag er es außerordentlich gut, die durch die Gedichte vermittelten Stimmungen wiederzugeben. Alles zusammen ergibt ein wunderbares Ganzes, das ich zu lieben gelernt habe.