4/3 Jugendliteratur | -> Es war einmal Indianerland

Die Internetrecherche zu „Es war einmal Indianerland“ bringt zahlreiche Ergebnisse zur gleichnamigen Verfilmung des Buches von Nils Mohl. Aber auch einige Buchbesprechungen, die es vorrangig als anspruchsvolle aber hochwertige Lektüre beschreiben. So auch die kurze Besprechung in der Biographie von Nils Mohl auf der Seite des Internationalen Literaturfestivals Berlin:

In »Es war einmal Indianerland« (2011), irgendwo zwischen Coming-of-Age-Roman und Liebesgeschichte angesiedelt, schildert Nils Mohl die Tücken des Erwachsenwerden eines 17-Jährigen, der die letzten beiden Ferienwochen am Rand einer Großstadt verbringt. Der Roman ist sicher mehr als ein Jugendbuch, aber doch eines, dem viele jugendliche Leser zu wünschen sind. Die Intensität, mit der Nils Mohl das Lebensgefühl schildert, 17 zu sein und damit das Recht für sich zu beanspruchen, sich »von der Welt nicht verstanden zu fühlen«, wie eine Figur des Romans einmal sagt, ist beeindruckend und ganz nah dran an der Lebenswirklichkeit junger Menschen. Das Buch ist nicht chronologisch erzählt und kann vielleicht am besten als ein Puzzle mit vielen falschherum liegenden Teilen beschrieben werden, das Stück für Stück zusammengesetzt wird und in dem manch entscheidendes Teil erst überraschend spät an die richtige Stelle findet. Nils Mohl spult vor und zurück, schneidet schnell von einer Szene zur nächsten. All das erinnert oft an die Stilmittel des postmodernen Films. Das Besondere an »Es war einmal Indianerland« ist vielleicht vor allem, dass hier eine Geschichte anders erzählt wird, als es thematisch vergleichbare Bücher gewöhnlich tun. Sorgsam konstruiert und voller sprachlicher Innovationen, bricht der Roman gewohnte Rezeptionsmodi auf und entfaltet eine ungeheure Sogwirkung.

https://www.literaturfestival.com/autoren/autoren-2012/nils-mohl

Der Kürze der Besprechung ist auch geschuldet, dass auf verschiedene Aspekte des Buches nur knapp eingegangen wird. Gleich zu Beginn wird versucht, das Buch einzuordnen: „irgendwo zwischen Coming-of-Age-Roman und Liebesgeschichte“. Außerdem wird es als „mehr als ein Jugendbuch“ beschrieben. Diese Einordnung spiegelt in Ansätzen die verschiedenen Definitionsversuche von Jugendliteratur wider und weist auf den All-Age Trend hin. Die Grenzen zwischen den Gattungen und der intendierten Leserschaft verschwimmen. Nicht nur aber gerade auch für Jugendliteratur stellt sich die Frage, was diese Gattung ausmacht, für wen (und von wem) sie verfasst wird und wer sie schlussendlich lesen will. Gerade jugendliche Leser*innen, die einen Prozess der Loslösung und Platzfindung durchmachen, reagieren oft ablehnend auf Literatur, die speziell für sie (möglicherweise auch mit einem pädagogischen Anspruch) gedacht und gemacht ist. Trotzdem lässt sich „Es war einmal Indianerland“ in mehrerlei Hinsicht eindeutig als Jugendliteratur beschreiben. Sowohl auf thematischer als auch auf formaler Ebene finden sich speziell „jugendliche“ Merkmale wieder. Wenn auch nicht direkt, so weist die Buchbesprechung doch indirekt mit der erwähnten Einordnung auf diese Aspekte hin. Als Jugendbuch wird es außerdem durch die Hervorhebung der „Nähe zur Lebenswirklichkeit junger Menschen“ charakterisiert. Auch die Erzählweise, die sich am (postmodernen) Film orientiert und die Zerrissenheit durch die nicht chronologische, puzzleartige Zusammensetzung der Szenen wird beschrieben. Diese andere Herangehensweise an das Erzählen einer Geschichte wird in Abgrenzung zu thematisch ähnlichen Büchern als eine Besonderheit des Buches herausgestrichen. Was dabei unerwähnt bleibt ist, wie sich so auch der Inhalt auf der formalen Ebene widerspiegelt. Das jugendliche Lebensgefühl der Hauptfigur dreht sich um Unsicherheiten der Identität, der Vergangenheit und der Zukunft. Diese Unsicherheiten, das Gefühl der Zerrissenheit und Unverstandenheit spielen sich zum einen auf der inhaltlichen Ebene ab, werden aber gleichzeitig auch durch stilistische Mittel wie das sprunghafte, nicht lineare Erzählen vermittelt..

Auf den Inhalt geht die Rezension kaum ein, er wird reduziert auf „die Tücken des Erwachsenwerden eines 17-Jährigen, der die letzten beiden Ferienwochen am Rand einer Großstadt verbringt.“ Entsprechend ist auch kein Platz, um die Figuren näher zu beschreiben. Tatsächlich erwähnt die Rezension nur eine Figur, die, parallel zum Buch namenlos bleibt. Thematisch lässt sich das Buch trotzdem grob einordnen, wenn die Rede vom Erwachsenwerden in Verbindung mit Großstadt und Ferien ist. Es wird so ein Bezug zu Tendenzen der aktuellen Jugendkultur hergestellt, mit dem Fokus auf Jugend als Lebensideologie, das Freizeitverhalten und den Konsum. Auch die Jugend als thematischer Schwerpunkt wird deutlich, wenn auch nicht direkt benannt. Die multimedialen Einflüsse, die in der Jugendliteratur sehr präsent sind, werden durch den Vergleich der Erzählweise mit Stilmitteln des Films klar als formaler Schwerpunkt erkannt.

Letztlich vermag es auch diese knappe Rezension, ein gutes Gefühl für das Buch zu vermitteln. Einige Schlagwörter wie „Tücken des Erwachsenwerdens“, „Puzzle“, „nicht chronologisch“, „Stilmittel des Films“ geben einen Eindruck davon, mit welchen Mitteln Nils Mohl mit einem Buch, das die Jugend in den Mittelpunkt stellt, seinem jugendlichen Publikum über den Inhalt hinaus gerecht wird. Dass die Rezension es als „mehr als ein Jugendbuch“ bezeichnet, verweist zusätzlich auf das Öffnen von Genregrenzen und damit verbunden die Erweiterung des möglichen Publikums.